Verein:
Erfolgreiche Sportlerin der SG LVB Leipzig
Im Interview: Olympionikin Tina Dietze
Tina Dietze bringt zwei Silbermedaillen mit nach Leipzig
21.09.16 von Tilman Köhler.
Die Vorzeigesportlerin der SG LVB Leipzig berichtet von ihren zweiten Olympischen Spielen. Wie schon in London 2012 bringt Tina Dietze aus Rio Edelmetall mit in ihre Heimatstadt Leipzig.
Liebe Tina,
herzlichen Glückwunsch zu Deinen beeindruckenden
Ergebnissen in Rio! Mit zwei Silbermedaillen
im Gepäck wurdest Du nicht nur in Leipzig
bejubelt.
Wie war die Rückkehr und wie geht es Dir jetzt in
Leipzig?
Die Rückkehr war lang. Unser Flug Richtung Heimat ging
erst abends gegen 19 Uhr. Heißt, man ist den ganzen Tag auf
den Beinen und das einen Tag nach der Abschlussfeier der
Olympischen Spiele. Der Tag davor war unser letzter Wettkampftag
und es gab natürlich auch ordentlich was zu feiern.
Um 7 Uhr im Bett und 8:30 Uhr schon wieder auf den Beinen,
da wir das Spiel um Platz 3 der Handballer sehen wollten.
Viel geschlafen habe ich also nicht. Dann: ein 12-Stunden-Flug mit
wenig Schlaf, der Empfang in Frankfurt und in Leipzig, die
anschließende Deutsche Meisterschaft ... Unglaublich, wie
schnell eine ganze Woche vergeht. Aber es war großartig!
Natürlich bin ich jetzt unendlich glücklich, wieder daheim zu
sein, die Liebsten um sich zu haben und die Beine hochlegen
zu können.
Wie waren die Spiele in Rio aus Deiner Sicht und was
war anders als in London 2012?
Rio waren tolle Spiele. Man kann Rio und London nicht
vergleichen. Es sind zwei Kontinente, die sich einfach in der
Mentalität, dem Lebensstandard, dem Essen und auch in der
Voraussetzung für die Austragung der Spiele komplett unterscheiden.
Die Armut in Brasilen ist extrem hoch, viele konnten
sich Karten für die Events gar nicht leisten. Außer Fußball
und Beachvolleyball sind andere Sportarten kaum bei den
Brasilianern bekannt.
Während in London fast jeder wie ein
Olympiasieger gefeiert wurde, gab es in Rio teilweise sehr
unfaires Publikum. Die Stimmung war dadurch leider nicht
so großartig wie in London. Das olympische Dorf, was ich
auch das erste Mal erleben durfte, war hübsch aufgebaut. In
London hatten wir ein eigenes kleines Dorf, da unsere Wettkampfstätte
2,5h vom richtigen Olympischen Dorf entfernt
war. Somit waren wir damals nur unter Kanuten, wie auch
bei einer EM oder WM. Mit allen Sportlern aus der Welt irgendwie
zusammen zu wohnen und zu essen ist schon cool.
Am Tisch ging dann immer das große Rätselraten los: „Wer
ist das?“ und „was macht er?“
Leider haben wir Kanuten von den Olympischen Spielen sehr
wenig, da wir immer erst in der 2. Woche dran sind und auch
erst kurz vor unseren Wettkämpfen hinfliegen. Sowohl von
Rio und London habe ich nichts gesehen.
Du bist sowohl im Kajak-Zweier als auch im Kajak-Vierer
erfolgreich – welches Boot ist Dir lieber und worin
besteht der Unterschied?
Der Unterschied ist an sich ist erstmal ganz einfach. Im Kajak
Zweier ist man zu zweit unterwegs und im Kajak Vierer zu
viert. Umso mehr Leute im Boot umso schwieriger ist natürlich
die Abstimmung. Alles muss bzw. sollte zur gleichen
Zeit passieren ansonsten arbeitet man gegen- und nicht miteinander.
Mir persönlich macht beides total viel Spaß. Wir
waren dieses Jahr ein tolles Frauen Team. Nicht nur im Boot,
sondern auch außerhalb haben wir alles zusammen gemacht.
Das schweißt einfach zusammen und ist ein wichtiger
Grundstein für den Erfolg. Auf jeden war zu 100% Verlass,
jeder wollte und hat auch sein Bestes gegeben. Das war die
letzten Jahre nicht immer so.
Der Kajak Zweier hat für mich trotzdem den höheren Stellenwert.
Ich bin mit Franziska Weber (meine K2 Partnerin)
seit 11 Jahren sehr gut befreundet. Schon damals haben wir
beide von den Olympischen Spielen geträumt. Davon, einmal
die Spiele zusammen erleben zu können. Am Ende sind
wir sogar in London Olympiasieger geworden. Was Größeres
gibt es einfach nicht. Heute, 4 Jahre später, sind wir in Rio
ganz knapp 2. geworden. Dass wir das alles wieder zusammen
erleben durften, ist einfach nicht in Worte zu fassen.
Welchen Anteil haben der Verein und die Stadt an
Deinem Erfolg?
Im Hintergrund gibt es neben dem Verein und der Stadt
noch viele mehr, die Anteil an diesem Erfolg haben: Familie,
Freunde, Arbeitgeber, Sponsoren, Förderinstituitionen und
noch viele mehr. Der Verein hat mir das gesamte Paddel-ABC
beigebracht und die Werte des Sports vermittelt. Die Stadt
Leipzig ist eine Sportstadt. Sie lebt den Sport, engagiert und
fördert diesen in all seinen Facetten. Dieser Erfolg ist ein
großes Werk vieler kleiner Einzelteile, ähnlich wie bei einem
Puzzle.
Du bist gebürtige Leipzigerin – was schätzt Du an dieser
Stadt?
Leipzig ist eine junge und kreative Stadt, hat zudem an Sport
viel zu bieten. In Leipzig bin ich geboren und aufgewachsen,
hier habe ich meine ersten Paddelschläge gemacht. Leipzig
hat dadurch für mich einfach ein familiäres Flair. Hier bekomme
ich die nötige Unterstützung und den nötigen Rückhalt,
um für meine sportlichen Ziele neue Energie zu tanken.
Es zieht einen sofort ins Grüne, von dem wir zum Glück sehr
viel haben. Die kurzen Wege in Leipzig ermöglichen einen
unkompliziert dahin zu kommen, was man gerade braucht
um sich wohl zu fühlen.
Was kannst Du jungen Kanuten und Kanutinnen mit auf
den Weg geben?
Mit viel Ausdauer, Ehrgeiz, Fleiß und Leidenschaft kann man
alles erreichen. Nicht immer macht Training Spaß, aber Spaß
ist was du draus machst. Niederlagen gehören dazu, aber
auch aus denen lässt sich immer etwas Positives gewinnen!
Aufstehen, Krone richten und weiter paddeln!
Was hältst Du von Handball? Wie wäre es mit einem
Besuch in der Brüderhalle in der Saison 2016/2017?
Handball ist ein großartiger Sport! Und für mich mit eine
der härtesten Sportarten überhaupt. Ich liebe es zuzuschauen
und ich werde es mir nicht nehmen lassen, mich das ein
oder andere mal blicken zu lassen. Leider blieb mir in der
Vergangenheit kaum Zeit dafür, da ich sehr viel unterwegs
war. Diesen Herbst und Winter bin ich komplett in Leipzig,
worauf ich mich wirklich freue. Nur wird es hoffentlich nicht
so kalt.
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